Museumslandschaft Hessen Kassel

   
Katalog der nachantiken Kameen



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Nackte weibliche Figur mit Füllhorn (Abundantia?)

Inv.-Nr. B XVI. Tab. B-VI-33
Künstler
unbekannt
Ort
Oberitalien
Datierung
um 1600
Steinschnittart
Kamee
Material
Chalcedonachat
Materialbeschreibung
weißes Relief auf transluzidem hellgrauem Grund

rundum poliert
Form
Hochoval, unregelmäßig, mit begradigten Längsseiten
Maße
2,94 x 1,8 x 0,85 cm
Beschriftung
rückseitig Aufkleber (Typ A): "22-21"
rückseitig Aufkleber (Typ B): "IV 31"
Provenienz
1730 Nachlaß Landgraf Karl
Zustand
am Rand leichte Bestoßungen; rechts vertikaler Riß, hinter der Figur zum rechten Rand; an der Standleiste kleinere Ausbrüche



Beschreibung und Einordnung
Eine nackte weibliche Gestalt in Vorderansicht, den Kopf nach links ins Profil gewendet, mit Blick auf den Inhalt des Füllhorns (wohl Blumen und Blätter), das sie mit ihrer Rechten festhält. Das in großem Faltenwurf fallende Gewandteil oder Tuch enthüllt den wohlgeformten Körper. Das Haar liegt in Wellen um den Kopf, im Nacken zu einem Knoten führend. Das Tuch umhüllt ihren linken Arm und fällt über den Rücken breit zum Boden, daraus wölbt sich eine Standleiste plastisch nach vorn.
Zwei verwandte Darstellungen in Wien (Eichler/Kris 1927, Nr. 172) und München (Weber 1992, Nr. 131), die eine Abundantia zeigen, sind seitenverkehrt bzw. zu dem Füllhorn nach rechts hin konzipiert.
Die Wiener Kamee aus der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts (1619 im Matthiasinventar erwähnt, wohl bereits zur rudolfinischen Sammlung gehörend) ist stilistisch früher und zeigt einen anderen Kopftypus. Sie stützt ihren rechten Arm auf einen weinumrankten Baumstamm, die Linke greift in ein mit Früchten gefülltes Horn. Von dem weinumrankten Baumstamm ist auf der hier besprochenen Kamee lediglich der eigenwillige Faltenwurf auf der entsprechenden Seite geblieben. Die wohl etwas spätere Variante in München weicht stilistisch von der Wiener ab und dürfte zeitlich näher an dem Kasseler Kameo sein.
Die Bezeichnung Abundantia von Eichler und Kris sowie von Weber ist zu diskutieren. Das Attribut der Abundantia, der altitalischen Göttin der Fülle und des Überflußes, war das Füllhorn. Völkel schlägt jedoch Pomona (Ovid, Met. 14,622ff.) vor, die über Gärten und Früchte wacht. Pomona galt als Nymphe von großer Schönheit. Interessant dazu ist die Verbindung mit dem Gott der Jahreszeiten Vertumnus, von dem sie heiß begehrt wurde und der sich zur Tarnung in eine alte Frau mit einer Rebe, die sich um eine Ulme emporrankte, verkleidete. Dies würde den weinumrankten Baumstamm erklären.

Stand: April 2006

Quellen
Designationsliste (1730) 1753, Nr. 22: "Ein in ein schwartz Rämgen eingefaßter geschnittener Onyx. [Nachlaßinventar] 21."
Inventar Völkel 1791, Tab. XXIII. 33: "Eine weibliche nackte Figur, die in der Rechten ein Füllhorn hält, und für Pomona gehalten wird." ("Achat" mit Bleistift hinzugefügt)
Inventar Pinder 1873 (B XVI), B. Tab. VI. 33: "Weibliche Figur mit Füllhorn. Pomona? Achat."
Inventar Pinder 1882-1897 (B V), Tab. IV. 31: "Weibliche Figur mit Füllhorn. Achat. [Vorgängerinventar] VI 33."

Literatur
unpubliziert

Vergleich
Gebhart 1925, S. 137, Abb. 192; Eichler/Kris 1927, S. 108, Nr. 172, Taf. 25; Weber 1992, Nr. 131


Es wird empfohlen, für den Online-Katalog der nachantiken Kameen folgende Zitierweise zu verwenden:
Heidi Schnackenburg-Praël, [entsprechende Inv.-Nr. bzw. Einleitungstext], in: Bestandskatalog der nachantiken Kameen in der Sammlung Angewandte Kunst der Staatlichen Museen Kassel, hrsg. von Michael Eissenhauer, bearb. von Heidi Schnackenburg-Praël, Online-Kataloge der Staatlichen Museen Kassel, Kassel 2006, <http://www.museum-kassel.de [Datum des Besuchs der Website]>

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