Papst Pius V.
Inv.-Nr. B XVI. Tab. B-II-27
Künstler Giovanni Antonio dei Rossi (1517-1575)
Ort Rom
Datierung 2. Hälfte 16. Jh.
Steinschnittart Kamee
Material Achat
Materialbeschreibung zweischichtig: Relief aus der oberen weißen Schicht, Hintergrund grau mit weißer Bänderung
Bildseite poliert, leicht konkave Rückseite mit geradem Rand matt
Form Hochoval
Maße 5,92 x 4,6 x 1,79 cm
Provenienz 1753 Kunsthaus
Zustand rechts Randabsplitterung, die sich zur Rückseite hin keilförmig vergrößert, mehrere feine Risse, auf dem Hintergrund mehrere punktförmige Ausbrüche
Beschreibung und Einordnung Brustbild eines Papstes, im Profil nach rechts, mit langem Vollbart, gefurchter Stirn und Alterszügen. Er trägt die Mozzetta, den päpstlichen Schulterkragen, und als Kopfbedeckung den Camauro. Die bisher unbestimmte Darstellung kann eindeutig identifiziert werden: Die markanten Gesichtszüge mit stark gebogener Nase sind für Papst Pius V. (1504-1572, Papst ab 1566) typisch. Spätere Darstellungen von Pius V. sind häufig anläßlich seiner Selig- und Heiligsprechung in Auftrag gegeben worden. Physiognomisch und in der Kleidung vergleichbar ist eine aus späterer Epoche stammende vergoldete Rundplakette aus Bronze mit dem Bildnis des Pius V. in der Wiener Kunstkammer (Inv.Nr. KK 10150) und ein entsprechendes Medaillon in Schwerin (AK München 1997, Nr. 18).
In seiner Klarheit und Monumentalität zeigt dieser Steinschnitt außergewöhnliche Qualität, so daß man an einen bedeutenden Steinschneider denken muß. In Frage käme Giovanni Antonio dei Rossi, von dem Medaillen mit Pius V. aus den Jahren 1569 und 1570 bekannt sind (Armand 1883, Bd. I, S. 246, 17ff. und Bd. III, S. 116). Von ihm existieren ein Terrakottarelief mit der Darstellung "Verbrennung verbotener Schriften. Pius V. mit Gefolge, vor ihm kniend Ferdinand von Medici als Kardinal" (Kris 1929, Nr. 318, Taf. 77), und ein signierter Kameo mit Pius V. (bezeichnet "IO.ANT.R." und "PIVS.V.P.M.") im Louvre in Paris (Kris 1929, Nr. 311, 317, Taf. 78).
Das Oeuvre des G. A. dei Rossi ist bisher noch nicht zusammengestellt worden. Es befremdet etwas, wenn man den Pariser Steinschnitt mit dem Kasseler Stück vergleicht. Das berühmteste Stück von Rossi - "Cosimo I. und die Seinen" (Kris 1929, Nr. 309, Taf. 76) - befindet sich in Florenz. Diesem beeindruckenden Cameo in seinem eindringlichen Naturalismus, für den Rossi gerühmt wurde, kommt das Kasseler Papstporträt nahe, ohne aber ganz den gleichen lebensnahen individuellen Ausdruck zu erreichen. Auffallend ist der ähnliche Chalcedonachat mit der charakteristischen Farbe von Weiß bis Grau mit hellen rötlichbräunlichen Einschlüssen. Außerdem zeugt der Kasseler Papst-Kameo von derselben Monumentalität, die man in nachantiker Zeit selten wiederfindet.
Rossi war einer der namhaftesten Glyptiker der italienischen Renaissance, er stand in Diensten des Großherzogs Cosimo, ab 1561 war er neben Cesati an der Zecca tätig. Er selbst nannte sich "intagliatore di cammei". Kris beschreibt seinen Porträtstil wie folgt: "die lockere, plastisch wirkende Haarbehandlung, die feine Charakteristik stofflicher Details oder die glattpolierte Gesichtshaut sind unverkennbare Merkmale für die Hand des Künstlers und seine Meisterschaft" (Kris 1929, S. 78ff.). Sein Prunkstück in Florenz mit der Familie des Großherzogs Cosimo I. ist der größte Kameo, der uns aus nachantiker Zeit erhalten ist. Die vorliegende Kamee verdiente in diesem Zusammenhang eine eingehendere Diskussion.
Stand: April 2006
Quellen
Inventar Völkel 1791, Tab. VI. 27: "Ein Papst."
Inventar Pinder 1873 (B XVI), B. Tab. II. 27: "Porträt eines Pabstes. Achat. / Schrank IX Inv. IV"
Preziosenliste Lenz 1881, Inv.No. IV. 172
Literatur
unpubliziert
Vergleich Armand 1883, Bd. I, S. 246, 17ff., Bd. III, S. 116; Kris 1929, Nr. 309, Taf. 76, Nr. 311, 317, Taf. 78, Nr. 318, Taf. 77, S. 78ff.; AK München 1997, S. 296f., Nr. 18
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