Erzengel Michael
Inv.-Nr. B XVI. Tab. B-II-28
Künstler unbekannt
Ort Byzanz
Datierung um 1204-1264; Fassung: wohl 16. Jh.
Steinschnittart Kamee
Material Sardonyx
Materialbeschreibung zweischichtig: dunkelbraunes Relief auf weißem Grund
Bildseite poliert, Rückseite matte Politur
Form Hochoval
Fassung Silber, vergoldet; schmale Randfassung mit nach vorne übergreifender Zackenreihe, zur Rückseite hin breiter Randstreifen mit Einschnitten; oben und unten Knauf, oben mit feststehender Öse
Maße 3,71 x 2,77 x 0,85 cm mit Öse 6,01 x 3,47 cm mit Fassung
Beschriftung griechische Buchstaben im oberen Feld links: "AE" (Archangelos); rechts: "M" (Michael) rückseitig Aufkleber (Typ D): "31"
Provenienz 1753 Kunsthaus
Zustand Nase des hl. Michael beschädigt; an der Fassung die vordere Zackenreihe teilweise beschädigt und abgeschlagen
Beschreibung und Einordnung Der Erzengel Michael in ganzer Figur, gerüstet mit Panzer, Helm und Mantel, ist in strenger Frontalität, leicht nach rechts blickend, dargestellt. Er ist geflügelt, hält das gezogene Schwert in der Rechten und die Scheide in der Linken. Der Nimbus ist in den weißen Hintergrund eingeritzt, ähnlich undeutlich wie die Buchstaben links und rechts. Die Figur des heiligen Michael tritt plastisch hervor und wirkt exponiert durch den dunklen Braunton vor der hellen Hintergrundschicht. Das Fehlen einer Bodenplatte oder Standlinie bewirkt eine leicht schwebende Erscheinung.
Der Erzengel mika'el (hebr. "wer ist wie Gott") ist der oberste der Engel und wird als Anführer der himmlischen Heerscharen und als Begleiter der Seelen der Verstorbenen verehrt.
Wentzel bezeichnet die Kasseler Kamee als vornehmstes Beispiel einer Michaels-Kamee und vergleicht sie mit der Münchner Michaels-Kamee (Wentzel 1957/2, S. 53, Abb. 11), die farblich umgekehrt, mit heller Figur vor dunklem Grund, konzipiert ist. Er vertritt die Ansicht (Wentzel 1960, S. 93), daß man bei der Kasseler Kamee "vielleicht an einen Versuch der Auseinandersetzung mit westlichen Gestaltungsprinzipien zur Zeit der Lateinerherrschaft in Konstantinopel von 1204 bis 1264 denken darf, vielleicht sogar an eine Arbeit für mitteleuropäische Auftraggeber". Weber dagegen datiert zumindest die Münchner Michaels-Kamee als Kopie eines byzantinischen Vorbilds ins 16./17. Jahrhundert (Weber 1992, Nr. 211). Sie greift Argumente aus Möbius' Beschreibung des Kasseler Stückes heraus: "In der Ausführung zeigt sich, wie sehr das technische Können der Antike schon verlorengegangen ist: der Grund ist ungleichmäßig geglättet, und das Schwert des Erzengels liegt mit dem Griff in der braunen, mit der Spitze in der weißen Schicht".
Diese Kamee gehört zu den fünf Sardonyxkameen (B XVI. Tab. B-II-14, B XVI. Tab. B-II-22, B XVI. Tab. B-II-25, B XVI. Tab. B-II-28, B XVI. Tab. B-II-29), die Wentzel als byzantinische Gruppe des 13. Jahrhunderts zusammenfaßt (Wentzel 1960, S. 93).
Möbius und Weber erwähnen, daß diese Kamee mit anderen "byzantinischen" Stücken über Venedig (Sammlung Capello) nach Kassel gelangte. Bisher konnte für diese Provenienz keine Bestätigung gefunden werden, es kann daher lediglich weiter nur bei einer Vermutung bleiben.
Stand: April 2006
Quellen
Inventar Völkel 1791, Tab. VI. 28: "Der Erzengel Michael."
Pretiosen-Inventar Völkel 1827 (B II), Inv.No. B II. 632
Inventar Pinder 1873 (B XVI), B. Tab. II. 28: "Der Erzengel Michael. Onyx. / In vergoldeter Einfassung / Pretiosen / Jetzt Pret. V No 632."
Preziosenliste Lenz 1881, Inv.No. V. 632
Literatur
Möbius 1929, S. 54, Taf. 16b; Wentzel 1957, S. 53, Nr. 18, Abb. 11a u. 11; Wentzel 1960, S. 93, Abb. 83; Weber 1992, Nr. 211 (mit weiterer Lit.); H. Schnackenburg-Praël, in: Kat. Kassel 2001, S. 50, Nr. 9 mit Abb.
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