Männliches Brustbild (Gian Galeazzo Sforza?)
Inv.-Nr. B XVI. Tab. B-III-19
Künstler unbekannt
Ort Mailand
Datierung Anfang 16. Jh.
Steinschnittart Kamee
Material Chalcedonachat
Materialbeschreibung zweischichtig: weißes Relief auf hellgrauer transluzider Grundplatte
rundum poliert, Vorderseite und Reliefbild mit hoher Politur
Form Hochoval
Maße 2,57 x 1,78 x 0,74 cm
Beschriftung rückseitig Aufkleber (Typ B): "I 33" Aufkleber, lose (Typ E): "I 19"
Provenienz 1753 Kunsthaus
Zustand kleinere Fehlstellen am linken Rand, rechts feine Risse
Beschreibung und Einordnung Ein reizvolles männliches Brustbild in jugendlicher Schönheit, nach rechts ins Profil gewendet, bartlos, mit lockigem Haar, in Rüstung mit über der Schulter geschlossenem Mantel. Das fein ausgearbeitete Profil ist stark hinterschnitten. Auffällig ist die sehr qualitätvoll ausgeführte ornamentale Haarbehandlung: Die Haare sind wie züngelnde Flammen gelockt, mehrere schlangenartige Strähnen verlaufen in der mittleren Partie zum Hinterkopf hin.
Völkel bezeichnet den Dargestellten im Inventar wegen seiner Schönheit irrtümlich als Antinous, Pinder nennt ihn allgemeiner "ein jugendliches männliches Porträt".
Kris konnte eine ähnliche Kamee in London (Kris 1929, Nr. 86) aufgrund von Medaillenvergleichen als "Gian Galeazzo Sforza" (1469-1494) identifizieren. Deren heutiger Verbleib konnte trotz Recherchen in London nicht geklärt werden.
Durch Stilvergleich mit dem Kameo (Kris 1929, Nr. 84) des Lodovico il Moro (gest. 1508), einem Chalcedon-Intaglio aus St. Petersburg, der durch Vasaris detaillierte Beschreibung für den Gemmenschneider Domenico dei Cammei (in Florenz und Mailand um 1500 tätig) in Anspruch genommen werden kann, hält Kris die Londoner Kamee mit Gian Galeazzo Sforza (Kris 1929, Nr. 86) für diesen Künstler als gesichert. Diesem Künstler wird seit langem auch ein Onyx-Kameo mit Ludovico il Moro in Florenz (Kris 1929, Nr. 85) zugeschrieben. Es erscheint zu gewagt, auch die Kasseler Kamee mit demselben Künstler, nämlich Domenico dei Cammei, in Verbindung zu bringen. In jedem Fall muß der Kasseler Kameo von einer bedeutenden Hand stammen.
Eine stilistische Verwandtschaft zeigt ein männliches Brustbild in Wien (Eichler/Kris 1927, Nr. 340; derselbe Typ Nr. 341) mit derselben Auffassung bei der Gewandbehandlung, vor allem derselben Art des Augenschnitts, der charakteristischen Mundfalte und der ornamentalen Haarbehandlung.
Stand: November 2006
Quellen
Inventar Völkel 1791, Tab. I. 19: "Antinous. Or. Ach."
Inventar Pinder 1873 (B XVI), B. Tab. III. 19: "Jugendliches männliches Porträt. Orient. Achat."
Inventar Pinder 1882-1897 (B V), Tab. I. 19: "Jugendlich-männliches Porträt. Orient. Achat."
Literatur
unpubliziert
Vergleich Eichler/Kris 1927, Nr. 340-341, Taf. 23; Kris 1929, S. 36, Nr. 84-86, Taf. 20
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