Weibliches Brustbild (Venus?); Gegenstück zu B XVI. Tab. B-VI-15 (?)
Inv.-Nr. B XVI. Tab. B-VI-11
Künstler Christoph Labhart (1644-1695)
Ort Kassel
Datierung um 1700; Fassung: wohl zeitgleich
Steinschnittart Kamee
Material Chalcedon
Materialbeschreibung in milchigem Hellbeigeton mit kleinen dunkelroten Punkten und an der Büste unten kreisförmiger orange-schwarzgrauer Einschluß
Bildseite gleichmäßig poliert
Form Hochoval
Fassung Silber, vergoldet; Rückseite metallverkleidet, oben und unten je ein Zapfen mit Schraubgewinden
Maße mit Rückplatte 3,36 x 2,77 x 1,54 cm mit Fassung 3,6 x 3,12 cm
Provenienz 1730 Nachlaß Landgraf Karl
Zustand ohne Beschädigung
Beschreibung und Einordnung In beinahe vollplastischem Relief ist ein weibliches Brustbild, im Dreiviertelprofil nach rechts gewandt, dargestellt. Die Frisur ist in aufgebauschter Außenwelle nach hinten zu einem kleinen Nackenknoten gezogen, über dem Mittelscheitel ein hochstehender Lockenwirbel. Die Büste mit einem über der Brust geknoteten Gewand hebt sich plastisch heraus.
Als Pendant identifizierte Meyer (Meyer 1973, Nr. C-5) eine Kamee desselben Tablars mit einer Herkulesdarstellung (B XVI. Tab. B-VI-15). Der Blick der beiden Köpfe ist aufeinander bezogen.
Völkel bezeichnete die Dargestellte wohl zu Recht als Venus. Möglicherweise war eine dazugehörige dritte Kamee mit der Darstellung einer Omphale geplant. Ein entsprechendes zeitgleiches Ensemble mit drei Silberstatuetten erwarb Landgraf Karl im Jahre 1705 von einem Augsburger Silberhändler. Diese gehen auf Bronzestatuetten nach antiken Vorbildern zurück (R.-A. Schütte, in: Kat. Kassel 2001, Nr. 117). Möglicherweise gab der Landgraf nach der Erwerbung seinen Steinschneidern den dazu korrespondierenden Kameen-Auftrag aus dem einheimischen Steinmaterial. Herkules ist in der Kameenversion durch ein leicht vergrößertes Format hervorgehoben. Bei den drei Silberstatuetten wird Herkules durch einen leicht erhöhten, achteckigen Sockel hervorgehoben (R.-A. Schütte, in: Kat. Kassel 2001, Nr. 117). Landgraf Karls Vorliebe für Herkules-Kameen teilte er mit anderen Herrschern seiner Zeit (L. Seelig, in: AK München 1994, Bd. 2, S. 234).
Pinder änderte die Bezeichnung "Venus" in "Apollo?". Müller (H. Müller, in: AK Augsburg 1968, S. 302) weist bei der Venusstatuette des oben erwähnten Silber-Ensembles auf eine sehr freie Umsetzung des Apoll von Belvedere hin.
Meyer stellte fest, daß die beiden Exemplare B XVI. Tab. B-VI-11, 15 und B XVI. Tab. B-V-2 die gleichen Metallfassungen mit zwei Gewindezapfen auf den Rückseiten haben (Meyer 1973, S. 101). Daraus folgerte er, daß Arbeiten dieser Gruppe als figurale Dekorationselemente mit demselben größeren Kunstgegenstand verbunden waren. In erster Linie dachte er an eine hessische Kameenproduktion für Miniaturfassaden. Diese Steinschnitte wären dann eine Bauplastik "en miniature".
Stand: April 2006
Quellen
Designationsliste (1730) 1753, Nr. 17: "Ein Kopf von Onyx, mit Silber eingefasst -[Nachlaßinventar] 15."
Inventar Völkel 1791, Tab. XXIII. 11: "Büste der Venus." (eingefaßt", "Achat" mit Bleistift hinzugefügt)
Pretiosen-Inventar Völkel 1827 (B II), Inv.No. B II. 653
Inventar Pinder 1873 (B XVI), B. Tab. VI. 11: "Büste (Apollo?). Eingefaßt. Jetzt Pret. V No. 653. Achat. / Hier liegt jetzt der Betende, bisher Tablette II No. 24." ("Pretiosen" mit Bleistift hinzugefügt)
Preziosenliste Lenz 1881, Inv.No. V. 653
Literatur
Meyer 1973, S. 99, Nr. C-5, Taf. 11,7 und S. 101
Vergleich H. Müller, in: AK Augsburg 1968, S. 302; L. Seelig, in: AK München 1994, Bd. 2, S. 234; R.-A. Schütte, in: Kat. Kassel 2001, Nr. 117
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