Brustbild eines römischen Kaisers
Inv.-Nr. B XVI. Tab. B-VI-27
Künstler unbekannt
Ort Frankreich
Datierung Anfang 17. Jh.
Steinschnittart Kamee
Material Chalcedon
Materialbeschreibung Chalcedon weiß mit rosa Erhöhungen; befestigt auf Achatplatte in verschiedenen Blau-Grau-Abstufungen
Bildseite mit Randabschrägung stark poliert; schwarze Rückseite glatt, aber roh unpoliert
Form Hochoval
Maße 4,37 x 3,27 x 0,98 cm
Beschriftung rückseitig Aufkleber (wohl Typ A): "96-102" rückseitig Aufkleber (Typ B): "IV 25"
Provenienz 1730 Nachlaß Landgraf Karl
Zustand Relief ohne Beschädigung; Rückseite unbearbeitet und rauh, mit zahlreichen flachen Randausbrüchen
Beschreibung und Einordnung Die 'Versenkung' des Hintergrundfeldes ist von einem erhabenen Randstreifen umgeben. Diese Clipeus-Technik ist für eine Gruppe von Kameen am Anfang des 17. Jahrhunderts ein charakteristisches Merkmal. Bei diesem Exemplar besteht das silhouettierte Reliefbild mit dem Brustbild eines Imperators aus weißem Chalcedon. Zum Oberkopf und nach unten zur Rüstung hin changiert die Färbung zum Rosé-Gelblichen. Diese wechselnde Farbigkeit bewirkt einen sehr lebendigen Eindruck, möglicherweise wurde sie künstlich hervorgerufen.
Das Chalcedonrelief ist auf einer Achatplatte befestigt. Ein erhabener Rand umgibt das vertieft wirkende Bildfeld und führt zur außen abfallenden Randschräge, die in höchst differenzierten Blau-Grau-Abstufungen verwendet wurde. Der Kontrast zwischen dem hellen Relief und der reizvoll dunkelblauen Achatplatte läßt das nach rechts gerichtete Profil des Imperators zur Geltung kommen.
Die Clipeus-Technik mit verschiedenen Farbabstufungen ist eine Spezialität in der französischen Steinschneidekunst. Weber erwähnt "verwandte Kameen mit Köpfen und Brustbildern in Kassel, Hessisches Landesmuseum, wohl aus dem in Venedig zu Beginn des 18. Jahrhunderts erworbenen Konvolut" (Weber 1992, Nr. 231). Wegen der Provenienz bzw. wegen der Erwerbung in Venedig bestimmt Weber derartige Kameen als "Oberitalien, Venedig (?)". Landgraf Karl erwarb in Venedig eine große Sammlung von Steinschnitten von Capello, aber welche genau dazugehören, ist bis heute ungeklärt. So sind die Voraussetzungen für Webers Zuschreibung doch zu unsicher. Der Gesamteindruck und speziell die Clipeus-Technik sprechen eher für eine französische Herkunft.
Auffällig stilverwandt erscheint ein Kameo der Münchner Sammlung (Weber 1992, Nr. 126) mit einem weiblichen Brustbild, das gleichfalls auf einer Achatplatte befestigt ist.
Der dargestellte Imperator ist nicht eindeutig zu identifizieren, die übliche Idealisierung des 17. Jahrhunderts erschwert dies. Auch Weber (Weber 1995, Nr. 64-75) geht auf das Problem ein und bemerkt (Weber 1995, S. 77), "daß die Physiognomien häufig so wenig charakteristisch sind, daß eine Benennung der Dargestellten nicht möglich ist". Am ehesten könnte Titus, Sohn des Vespasian (reg. 79-81 n. Chr.), gemeint sein. Möglicherweise gehörte dieses Exemplar zu einer der zahlreichen Imperatorenserien, die im 17. Jahrhundert beliebt waren und zumeist zwölf Imperatoren umfassen. Vielfach wurden sie zu dekorativen Zwecken verwendet.
Stand: April 2006
Quellen
Designationsliste (1730) 1753, Nr. 96: "Achtzehn Stück Köpfe und allerhand Figuren, in orientalischen Steinen. [Nachlaßinventar] 102."
Inventar Völkel 1791, Tab. XXIII. 27: "Wird für den Kopf des Kaiser Galba angegeben, dem er aber nicht ähnlich ist."
Inventar Pinder 1873 (B XVI), B. Tab. VI. 27: "Imperatorenkopf, Claudius? Achatonyx."
Inventar Pinder 1882-1897 (B V), Tab. IV. 25: "Claudius? Comp. IX 27."
Literatur
unpubliziert
Vergleich Gebhart 1925, S. 102, Abb. 147; Weber 1992, Nr. 126, Nr. 231; Weber 1995, Nr. 64-75, bes. S. 77
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