Venus Kallipygos
Inv.-Nr. B XVI. Tab. B-VI-4
Künstler unbekannt
Ort unbestimmt
Datierung 17. Jh.
Steinschnittart Kamee
Material Malachit (Amazonit?)
Materialbeschreibung buntfleckig in Hellgrün mit dunkelgrau-bräunlichen Partien; der sehr dicke Stein weist einen senkrecht kantigen Rand auf
Aktfigur stärker poliert als die Umgebung; Rückseite relativ grob belassen und unpoliert
Form überlängtes Hochoval
Maße 6,88 x 3,57 x 0,92 cm
Beschriftung rückseitig Aufkleber (Typ D): "B VI 4"
Provenienz 1730 wohl Nachlaß Landgraf Karl
Zustand links und rechts brüchiger Randverlauf mit Einbuchtungen, wohl bedingt durch den unterschiedlichen Steinschichtungsverlauf
Beschreibung und Einordnung Dieses singuläre Stück fällt durch seinen kontrastreichen buntfleckigen Stein in Hellgrün-Dunkelgrau auf und vermittelt durch die Farbverschiedenheit eine gewisse Unruhe. Diese schwierige Steinstruktur wurde für die Herausarbeitung der Anatomie des ganzfigurigen Rückenakts virtuos genutzt, besonders die Gesäßpartie gewinnt an plastischer Wirkung.
Venus steht auf leicht ansteigendem Boden, ihr linkes Bein ist als Standbein gut ausgearbeitet mit organischer Fußverkürzung in den Raum hineinführend von dem rechten Bein davor überkreuzt. Mit ihrem rechten Ellbogen stützt sie sich auf ein breites Säulenpostament. Mit ihrem linken gestreckten Arm hält sie ein in Falten gerafftes Tuch. Der Kopf ist ins Profil nach rechts gewendet, Zöpfe umrahmen als Kranz den Kopf.
Der griechische Schriftsteller Athenaios berichtete von der Verehrung einer Aphroditestatute in Syrakus, die mit der Linken ihr Gewand hochhebt, um ihr "schönes Hinterteil" zu entblößen (Aphrodite Kallipygos, Athenaios 12,80; 554).
Wie Weber erkannte (Weber 1983, Abb. 2 auf S. 146; S. 145-150), handelt es sich um eine Reliefvariante nach einer Dürerzeichnung von 1506 (Berlin, Kupferstichkabinett, W. 402). Die Autorin erwähnt, daß die hochovale Kasseler Kamee etwa halb so groß ist wie die bisher bekannten Reliefs und infolge der Abweichungen zu diesen der Dürerschen Zeichnung von 1506 nähersteht.
Dieses Thema des Rückenakts verbreitete sich in der Dürerrenaissance im kunsthandwerklichen Bereich vielfach in allen möglichen Kopien aus den verschiedensten Materialien. Die Venus Kallipygos nach Dürer existiert in Solnhofer Stein, Blei- und Gipsabgüssen (Weber 1975, Nr. 759 A, Nr. 759 B) und Elfenbein.
Weber schreibt die hier besprochene Kamee einer deutschen, etwas provinziellen Werkstatt im späten 17. Jahrhundert zu. Der Kopf mit dem nach rechts gerichteten Profil ist zurückhaltend, die Rückensilhouette jedoch ist im Relief stärker ausmodelliert. Der Steinschnitt stammt sicherlich von einem renommierten Steinschneider.
Stand: April 2006
Quellen
Inventar Völkel 1791, Tab. XXIII. 4: "Venus Callipygis mit einem Arm auf eine Säule gestützt." ("unbek. Stein" mit Bleistift hinzugefügt)
Inventar Pinder 1873 (B XVI), B. Tab. VI. 4: "Venus Callipygos. Malachit."
Inventar Pinder 1882-1897 (B V), Tab. IV. 3: "Venus Callipygos. Malachit. [Vorgängerinventar] VI 4."
Literatur
Weber 1983, S. 145-150
Vergleich Weber 1975, Nr. 759
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