Weibliches Brustbild mit Füllhorn
Inv.-Nr. B XVI. Tab. B-VII-42
Künstler unbekannt
Ort Italien
Datierung Ende 16. Jh.
Steinschnittart Kamee
Material Chalcedonachat
Materialbeschreibung weißes Relief auf transluzidem Grund
rundum poliert
Form Hochoval, mit begradigten Längsseiten
Maße 1,96 x 1,25 x 0,49 cm
Beschriftung rückseitig Aufkleber (Typ A): "97-103" rückseitig Aufkleber (Typ B): "V 42"
Provenienz 1730 Nachlaß Landgraf Karl
Zustand links kleinere Randausbrüche
Beschreibung und Einordnung Die relativ kleine Kamee wirkt zart und zeigt in feiner Manier ein weibliches Brustbild in Vorderansicht. Durch die angebohrte Iris wirkt der Blick starr. Die Haare sind mit einem Mittelscheitel bauschig nach hinten gekämmt, darüber ein Schleier, der zum Rücken herabfällt. Das gleichmäßig dünn gefältelte Gewand wird in der Mitte zusammengerafft. Ein schmales langes Füllhorn, von ihrer linken Hand vor dem Körper gehalten, schmiegt sich schlangenartig auf ihrer rechten Seite an den Körper.
Völkel identifiziert die Dargestellte als Abundantia. Dieser Kameentypus entspricht annähernd einem großen römischen Amethyst im Cabinet des Médailles in Paris (Babelon 1894, Abb. 173 und Vollenweider 1966, S. 81, 123) aus der Werkstatt des Dioskurides. Dieser antike Amethyst war ehemals im Besitz des Papstes Paul II. (1464-1471). Furtwängler (Furtwängler 1900, Taf. 61,36) hält als Interpretation ein Idealbildnis eines kaiserlichen Familienmitglieds, etwa der Livia (Furtwängler 1900, Taf. 61,36), für möglich. Bei Lippold (Lippold 1922, Taf. 31, Nr. 7) wird die Dargestellte als Tyche bezeichnet. Zwierlein-Diehl (Zwierlein-Diehl 1986, Nr. 267, Taf. 51 mit weiterführender Literatur) bespricht ausführlich den antiken Typus und die Schwierigkeit der Interpretation. Sie stellt fest, daß das Füllhorn primär für die Benennung "Fortuna" spreche.
Bei dem hier besprochenen Brustbild der Kasseler Kamee fehlen der Lorbeerkranz und die Halskette. Das Füllhorn läßt keine Trauben, Ähren oder Mohn erkennen. Die nahezu miniaturhafte Ausführung wirkt im Vergleich zu dem berühmten antiken Vorbild reduziert. Ein späteres und etwas derberes Kameen-Exemplar aus dem 17. Jahrhundert, in der Bibliothèque Nationale in Paris (Babelon 1897, Nr. 560), wird als "Abundantia" interpretiert.
Stand: April 2006
Quellen
Designationsliste (1730) 1753, Nr. 97: "Neunzehen Stück dergleichen Figuren. [Nachlaßinventar] 103."
Inventar Völkel 1791, Tab. XXI. 42: "Eine weibliche Büste der Abundantia. Achat. [Inventar Pinder 1873] B VII. 42"
Inventar Pinder 1873 (B XVI), Tab. VII. 42: "Weibliche Büste mit Füllhorn. Achat. [Vorgängerinventar] XXI 42."
Inventar Pinder 1882-1897 (B V), Tab. V. 42: "Weibliche Büste mit Füllhorn. Achat. [Vorgängerinventar] VII 42."
Literatur
unpubliziert
Vergleich Chabouillet 1861, Nr. 625; Babelon 1894, S. 241, Abb. 173 (Antonia als Ceres); Babelon 1897, Nr. 560, Taf. LXV (Abundantia); Furtwängler 1900, Taf. XLI, 36 (Livia?); Lippold 1922, Taf. 31, Nr. 7 (Tyche); Vollenweider 1966, S. 81 mit Anm. 1 u. S. 123, Taf. 93, Abb. 2, 4 u. 5 (Antonia oder Livia als Venus oder Glücksgöttin - Agathe Tyche); Zwierlein-Diehl 1986, Nr. 267, Taf. 51 (Fortuna oder Pax)
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