Phoenix
Inv.-Nr. B XVI. Tab. B-IV-56
Künstler Giovanni Antonio Masnago, Werkstatt
Ort Mailand
Datierung 2. Hälfte 16. Jh.
Steinschnittart Kamee
Material Achat
Materialbeschreibung zweischichtig: ockerbraunes Relief auf hellbraun-grau geflecktem Grund
auf der Bildseite Relief schwach, Hintergrund stark poliert; leicht konvexe Rückseite mit unregelmäßiger und grober Bearbeitung; zum Rand hin mit zahlreichen Kerben, in denen Pechreste geblieben sind
Form Hochoval
Maße 2,92 x 2,24 x 1,29 cm
Beschriftung rückseitig Aufkleber (Typ A): "60-64"
Provenienz 1730 Nachlaß Landgraf Karl
Zustand links kleine blasenartige Bestoßung; links unten kleiner Riß am Rand
Beschreibung und Einordnung Ein Phoenix steht mit steil erhobenen Schwingen, nach links gewendet, auf seinem brennenden Nest. Den Kopf streckt er hoch zur Sonne, die ein Gesicht und Strahlenkranz aufweist.
Es existiert in der Kasseler Gemmensammlung ein weiterer Phoenix-Kameo (Inv.Nr. NT 389), der im Schatzkunst-Katalog (H. Schnackenburg-Praël, in: Kat. Kassel 2001, S. 123) ausführlich besprochen wurde. Sicherlich sind beide Phoenix-Kameen nach Mailand zu lokalisieren. Der hier besprochene Kameo ist im Vergleich zu dem anderen offenbar früher entstanden. In der skulpturalen Steinbehandlung unterscheiden sich beide Stücke erheblich. Der vorliegende Phoenix-Kameo ist stark plastisch herausgearbeitet im Vergleich zu der flachen Reliefarbeit des zweiten Phoenix mit den ausgebreiteten Schwingen. Der erste Phoenix zeigt eine charakteristische Hinterschneidung, die teilweise zu freistehenden Elementen führt, wie beim Kopf und dem oberen Flügel. Die beiden Kasseler Phoenix-Kameen werden bei Weber (Weber 1992, Nr. 124) mit ausführlicher Besprechung des Phoenixtypus erwähnt.
Phoenix-Darstellungen waren auf Kameen beliebt, beispielhaft ein Christusmedaillon mit einer Phoenixdarstellung auf der Rückseite (K. Herding, in: Kat. Berlin 1970, Nr. 38 mit ausführlicher Besprechung und weiterführender Literatur). Im Mittelalter war neben der Bibel ein kleines Volksbuch, "Der Physiologus" (der Naturkundige), verbreitet. Der unbekannte Autor aus der Antike (um 200 n. Chr.) verbindet in 55 Beschreibungen von Tieren, Pflanzen und Steinen das Göttliche mit dem Kreatürlichen. Im Kapitel "Phoenix" wird dargestellt, wie der Vogel sich selbst verbrennt, um nach drei Tagen aus der Asche neu zu erstehen, und daß dies als Symbol für Tod und Auferstehung Christi gilt.
Im 16. Jahrhundert gab es in Mailand Spezialisten für Tierdarstellungen im Steinschnitt. Bekannt dafür war die Familie Masnago mit ihrem großen Werkstattbetrieb. Bereits Morigia (Morigia 1595, S. 294f.) berichtete im Jahr 1595 von den Tierdarstellungen des Giovanni Antonio Masnago (tätig 2.Hälfte des 16. Jahrhunderts). Noch berühmter wurde dessen Sohn Alessandro Masnago (1540-1620), der zwar weiter in Mailand lebte, jedoch vornehmlich für Kaiser Rudolf II. in Prag tätig war.
Die hier vorgestellte Phoenix-Kamee kann der frühen Masnago-Werkstatt, der des Vaters Giovanni Antonio Masnago (tätig 2. Hälfte 16. Jh.), zugeschrieben werden.
Stand: November 2006
Quellen
Designationsliste (1730) 1753, Nr. 60: "Ein Adler auf Agath. [Nachlaßinventar] 64."
Inventar Völkel 1791, Tab. VII. 56: "Eine tragische Muse. Achat. / Siehe die Note zu No 6. / fehlt / Hier liegt jetzt XII. 67."
Inventar Pinder 1873 (B XVI), B. Tab. IV. 56: "Ein Phoenix, der zur Sonne steigt. Orient. Achat."
Inventar Pinder 1882-1897 (B V), Tab. II. 51: "Ein Phoenix, der zur Sonne steigt. Or. Achat."
Literatur
Weber 1992, Nr. 124
Vergleich Physiologus, S. 14, Nr. 7; Morigia 1595, S. 294f.; Eichler/Kris 1927, S. 130f., Nr. 236-256, Taf. 36; K. Herding, in: Kat. Berlin 1970, Nr. 38; H. Schnackenburg-Praël, in: Kat. Kassel 2001, S. 123
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