Beschreibung und Einordnung Ein Löwe in Seitenansicht, nach rechts gewendet, auf einem Bodenstreifen. Das Maul des Tieres ist drohend und zähnefletschend geöffnet. Die Mähne ist ornamental stilisiert. An der gesamten Vorderbein-Brust-Bauch-Linie ein perlstabartiger Rand als Fellstreifen. Gegen ein weibliches Tier spricht die Mähne. Die Vorderbeine sind nach vorne gestemmt. Wegen einer Absplitterung links ist der Schweif nicht mehr vorhanden und dessen Verlauf nicht mehr nachvollziehbar.
Weber erwähnt eine Gruppe von Kameen, die eine mittelalterliche Entstehung vortäuschen (Weber 1992, Nr. 215). Sie vertritt die Ansicht, daß solche neomittelalterlichen Steine im 17. Jahrhundert in Venedig gearbeitet und vertrieben wurden.
Die unklare Lokalisierung und fragliche Datierung ist bei den Löwen-Panther-Kameen häufig. Der hier besprochene Kameo zeigt ebenfalls eine bewußte Vereinfachung mit der Wirkung einer altertümelnden Note.
Ein ähnlicher Löwen-Kameo in London (Dalton 1915, Nr. 232), der sich einst in der Medici-Sammlung befand, wird ins 15. Jahrhundert datiert. Wentzel bespricht neben anderen Kameen drei Löwenkameen als Vorrenaissancearbeiten (Wentzel 1956, S. 251). Die "Medici" signierten Stücke müßten vor dem Tod von Lorenzo Medici 1491, also im Quattrocento, geschaffen worden sein. Diese Art von Antikenrezeption erscheint auf den ersten Blick antik, läßt sich jedoch nicht an die antiken Vergleichsstücke anschließen.
Eine gewisse Verwandtschaft in der Stilisierung, vor allem am Kopf, zeigt ein schreitender Löwe auf einem Kameo in St. Petersburg (AK Stuttgart 1977, Abb. 379a), der sogar um 1230 und nach Süditalien datiert wird.
Einheitliches Charakteristikum dieser Tiergruppe ist die Verwendung der braunen Achatschicht vor dem hellen Chalcedongrund. Wentzel betrachtet diese Gruppe von Braun-Weiß-Kameen mit dem ornamentalisierten Habitus als staufisch und datiert sie damit ins 13. Jahrhundert. Eine Entstehung im Mittelalter kann auch für den Kasseler Löwenkameo angenommen werden. Die blockhafte Bildung des Tierkörpers (AK Stuttgart 1977, Nr. 866, 867) folgt wie bei anderen Tieren dieser Phase in manchen Details sassanidischen Vorbildern.
Erika Zwierlein-Diehl (Archäologisches Institut der Universität Bonn) ist der Ansicht, daß die "fletschenden Zähne" des Löwen gegen eine Datierung in das 13. Jahrhundert sprechen und datiert die Kamee ins 15. Jahrhundert.
Stand: April 2006
Quellen Inventar Völkel 1791, Tab. VII. 49: "Cupido. Or. Achat. / fehlt. / Hier liegt jetzt XII. 73. / S. die Note zu nro 6."
Inventar Pinder 1873 (B XVI), B. Tab. IV. 49: "Ein Löwe. Achat."
Inventar Pinder 1882-1897 (B V), Tab. II. 44: "Ein Löwe. Achat."
Literatur unpubliziert
Vergleich Dalton 1915, Nr. 232, Taf. X; Wentzel 1956, S.251; AK Stuttgart 1977, Nr. 866-867, Abb. 379a; Weber 1992, Nr. 215
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