Beschreibung und Einordnung Die qualitativ herausragende Kamee zeigt ein annähernd halbfiguriges weibliches Brustbild im Profil nach links. Das dünn am Körper anliegende Gewand mit drei Knöpfen am linken Oberarm läßt ihre rechte Brust frei. Ihr Haar ist kunstvoll frisiert, ein geflochtener Zopf führt zu einem breit abgebundenen Knoten hoch. Im Nacken ein abgedrehtes Haarteil und einzeln gedrehte lange Haarsträhnen, die bis zur Brust und auf den Rücken herabfallen, das Ohr liegt frei. Auf ihrer Wange rosafarbener Teint. Das Relief ist stark hinterschnitten, so daß die Figur besonders plastisch erscheint. Die fein geschnittenen Gesichtszüge wirken edel, die Pupille ist angebohrt.
Bei dem Typus der idealisierten Dargestellten muß die Frage der Identifizierung offenbleiben. Immer ist wie bei einer Amazone eine Brust unbekleidet. Für Crispina, wie Völkel andeutet, spricht nichts. Eine direkte Verwandtschaft besteht zu einer seitenverkehrten Kamee in Paris (Babelon 1897, Nr. 948, Taf. 68) mit dem Bildnis der italienischen Poetin Vittoria Colonna (1492-1547), Gattin des Marchese di Pescara, der großen italienischen Dichterin der Petrarcaschule und Muse von Michelangelo. Bei dem Kasseler Kameo fehlen die Poetenkrone mit Weinranken und die Blume hinter ihr.
Vergleichbar ist eine Kamee aus der Münchner Münzsammlung (Weber 1992, Nr. 56) mit einem weiblichen Brustbild, das Weber um 1565-80 datiert und nach Italien lokalisiert. Der Stein hat gleichfalls rosa Verfärbungen und zeigt eine ähnlich elliptische Form. Aufgrund der stilistischen Ähnlichkeit, vor allem in der Ausführung der Gesichtszüge, kann an denselben Steinschneider oder dieselbe Werkstatt gedacht werden. Einen Namen zu nennen, wäre allerdings reine Spekulation.
Dieser Gruppe kann ein weiteres Brustbild aus der Münchner Sammlung (Weber 1992, Nr. 133, Taf. VII) angeschlossen werden. Hier erwähnt Weber ein ähnliches Exemplar aus der Kasseler Sammlung (B XVI. Tab. B-III-20), das wie das Münchner auf einer Grundplatte befestigt ist und nicht wie das hier besprochene aus einem einheitlichen Steinmaterial herausgearbeitet wurde. All diese Stücke zeichnen sich durch eine hohe Qualität aus.
Stand: April 2006
Quellen Designationsliste (1730) 1753, Nr. 19: "Fünf Stück von Onyx, worunter ein Kopf und andere Figuren. [Nachlaßinventar] 18."
Inventar Völkel 1791, Tab. XXIII. 20: "Soll eine Crispina sein, mit der sie aber keine Ähnlichkeit hat." ("Sardonyx" mit Bleistift hinzugefügt)
Inventar Pinder 1873 (B XVI), B. Tab. VI. 20: "Weibliches Porträt. Achat."
Inventar Pinder 1882-1897 (B V), Tab. IV. 19: "Weibliches Porträt. Achat. [Vorgängerinventar] VI 20."
Literatur unpubliziert
Vergleich Babelon 1894, S. 251f., Abb. 180; Babelon 1897, S. 353, Nr. 948, Taf. 68; Weber 1992, Nr. 56, Nr. 133
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